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Gefühle? Verschüttet….

By 26. Oktober 2020Allgemein, Impulse

Wenn Helfer:innen Hilfe bräuchten

Kürzlich war ich in einem Gespräch mit Menschen, die nicht aus der Pflege kommen. Irgendwann ging es darum, wie denn das so war bei mir ganz am Anfang, mit Krankheit und Tod umzugehen, als ich in der Ausbildung zur Krankenschwester war. Ich musste erst mal nachdenken, wie  das damals so war, es liegt schließlich schon einige Zeit zurück.

Wie waren für mich all die „ersten Male“? Diese besonderen Gerüche, die es in einem Krankenhaus zu riechen gibt. Mit Menschen zu tun zu haben, die Hilfe bei ihren Ausscheidungen benötigen. Mit Menschen in Kontakt zu sein, deren Leben zu Ende geht – und demzufolge eben auch mit toten Körpern konfrontiert zu sein.

Ich dachte eine Weile nach, da ich all die Erinnerungen an meinen Anfang in der Pflege wieder herholen musste.

So erinnerte ich mich an eine junge Frau, die schnell gelernt hat, dass man professionell werden muss, sich abhärten, dass es in diesem Beruf eben so ist. Basta. Ich erinnere mich an erfahrene Krankenschwestern, die auf mich abgehärtet wirkten und keine Schwäche zeigten. Etwas erlebt, das einen dann doch mitgenommen hat? Bitte gleich zur Tagesordnung übergehen. Pause machen. Essen. Weiter geht’s. Vermutlich ging es uns damals mit manchem fast noch gut, da der Personalmangel weniger schlimm war, als heute.

Natürlich braucht man als Pflegefachkraft oder als Ärztin und Arzt Strategien, um einen guten Umgang mit all diesen Situationen zu bekommen. Doch ist es wirklich DIE Lösung, wenn Gefühle direkt weggedrückt werden, so, als dürften sie nicht vorkommen und keinen Platz haben? Als Mensch in einem Beruf mit Menschen? Ist das so? Muss das so sein? Was tut man sich selbst damit an, wenn man immer so tut oder tun muss, als stehe man über all dem? Würde man wirklich mehr zerbrechen, wenn man von Anfang an lernen würde, dass die Emotionen ein wichtiger Bestandteil sind und letzten Endes auch ein Kompass, was wir zu verarbeiten haben? Woher kommt es, dass man im Gesundheitswesen der Meinung ist, Selbstmitgefühl und Selbstfürsorge müssten hinten an stehen? Warum hält man es für normal, den eigenen notwendigen Toilettengang ständig hinauszuzögern, nur um schnell noch irgendetwas zu erledigen? Warum sagt man immer noch „Ja“, obwohl der Körper und die Seele längst „Nein“ schreien? Wem oder was muss etwas bewiesen werden?

Wichtigster Mensch

Wer ist der wichtigste Mensch in Deinem Leben?

Wie lautete Deine Antwort auf diese Frage? Hoffentlich „Ich selbst bin mir der wichtigste Mensch in meinem Leben.“

Was passiert denn, wenn Du über Dein Maß hinaus für andere Menschen da bist? Was passiert langfristig, wenn Du Dich und Deine Bedürfnisse vernachlässigst? Vermutlich wirst Du keine Gefühle mehr zulassen können und Du wirst Dich verhärten und schlimmstenfalls verbittern. Denn, egal wie sehr Du Dich aufopfern wirst, es wird nie genug sein und nie die Lücke füllen, die durch schmerzhafte Erlebnisse in Dir entstanden sind. Viele Menschen beachten sich erst dann wieder, wenn der Körper streikt – wenn sie nicht mehr schlafen können, wenn der Magen oder der Kopf schmerzt, wenn der Herzrhythmus durcheinander gerät.

Dir klingt das zu dramatisch? Mag sein – doch gerade dann bitte ich Dich, innezuhalten und in Dich hineinzuhorchen, wie es um Dich und Deine Gefühle bestellt ist. Denn meistens brechen sie sich dann Bahn, wenn wir gar nicht damit rechnen.

Bild des eigenen Selbst

Welches Bild von Dir selbst hast Du geschaffen? Wie nimmst DU Dich nach außen hin wahr und wie möchtest Du von Deinem Umfeld wahrgenommen werden? Die coole Pflegefachkraft, die immer und jederzeit alles im Griff hat? Die Ärztin/der Arzt, der mal locker bei einem Notfall war und nach dem Einsatz direkt zur Tagesordnung übergeht, gerade so, als sei nix gewesen? Wann ist denn zuviel zuviel?

Die gute Nachricht ist, dass es möglich ist, Gefühle zu haben, zu zeigen und trotzdem nicht zusammenzubrechen. Denn, ob wir es wahrhaben wollen oder nicht, wenn wir all die Erlebnisse wegdrücken, sind sie trotzdem da – in unserem Unterbewusstsein. Manchmal meldet sich das auch zu Wort. Doch dann wird es direkt wieder weggedrückt mit Ablenkungsmanövern – Internet, Zigaretten, Alkohol, usw.

Selbst-Verantwortung

Du alleine hast die lebenslange Verantwortung für Dich selbst und Deine Gefühle und wie Du mit den, manchmal nur mikro-, traumatischen Erlebnissen umgehst. Du bist auch kein Schwächling, wenn Dich der letzte Todesfall emotional beschäftigt. Entscheidend ist, ob Du Dir Deiner Gefühle und Gedanken bewusst bist und Du für die notwendige Selbstfürsorge sorgst. Das kann das Gespräch mit einer vertrauten Kollegin oder einem vertrauten Kollegen sein oder mit einem Coach. Das Schlechteste, das Du für Dich tun kannst, ist, wenn Du Dich selbst innerlich ignorierst aus der Angst heraus, dass hinschauen und hinspüren weh tun könnte. Und JA, manchmal tut es erst mal weh – aber dann kann es heilen. Und darauf kommt es an. Als Ärztin, Arzt, Pflegefachfrau und Pflegefachmann weißt Du zu gut, was passiert, wenn man den Bluthochdruck dauerhaft ignoriert – und so ist das mit dem Seelenleben auch. Wenn der Druck im Kessel zu hoch steigt, explodiert er. Soweit muss es nicht kommen.

Wenn Du Unterstützung beim Hinschauen brauchst, melde Dich gerne zum Coaching. Eine Coachingsitzung ist auch virtuell möglich. Deine Fragen beantworte ich unter info@silke-wuestholz.de 

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Silke Wüstholz

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